Als ich studierte gab es genau eine Art, Klassen und Methoden zu benennen: Klassen wurden mit Substantiven benannt, die direkt dem ungesetzten Konzept bzw. ihrer Verantwortlichleit entsprechen sollten, z.B. Auftrag. Bei den Methoden wurde streng zwischen Funktionen und Prozeduren unterschieden. Funktionen liefern Werte und lassen den Objektzustand schön in Ruhe, während Prozeduren den Objektzustand ändern und keinen Rückgabewert haben. Ob etwas Funktion oder Prozedur ist, sollte nicht nur an der Signatur deutlich werden, sondern auch im Namen. Prozeduren werden immer in Befehlsform geschrieben (z.B. berechneSumme) während Funktionen eine Substantivform bekommen (ggf. mit einem 'get' als Präfix, z.B. 'getNummer'). Diese ganze Konzeption wurde z.B. von
Bertrand Meyer vertreten und auch
gut begründet:
Wenn man eine Klasse sucht, kann man sie leicht anhand ihres Namens finden. Und wenn man dann das API der Klasse liest, ist gleich klar, was die Methoden tun. Insbesondere ist klar, ob eine Methode nur einen Wert liefert oder ob sie gefährlich den Objektzustand manipuliert.
In den letzten Jahren hat sich an verschiedenen Stellen ein deutlich anderer Programmierstil entwickelt. Der primäre Fokus hat sich gewandelt. Es geht nicht mehr primär darum, dass man das API einer Klasse leicht lesen und verstehen kann. Stattdessen soll der Klientencode möglichst gut lesbar sein.
Bei der Benennung von Unit-Tests findet sich eine zarte Andeutung in diese Richtung. Statt AuftragTest.testSummenberechnung findet man heute immer häufiger AuftragTest.berechnetSummeDerPositionen. Die zweite Variante lässt sich als Spezifikation lesen "Auftrag berechnet Summe der Positionen".
Noch deutlicher wird es, wenn man sich
Behaviour Driven Development (BDD) ansieht.
Schließlich nutzen die
Fluent Interfaces dieses Konzept auch außerhalb des Testens bzw. Spezifizierens für Produktivcode.
Aus
TimeInterval meetingTime = new TimeInterval(fiveOClock, sixOClock);
wird
TimeInterval meetingTime = fiveOClock.until(sixOClock);
Für viele Entwickler, die schon länger im Java- oder C++-Geschäft sind, sind diese fließenden Interfaces sehr gewöhnungsbedürftig. Allerdings wird eine Klasse viel häufiger eingesetzt als gelesen. Also scheint es nicht gerade abwegig, mehr Gewicht auf die Benutzbarkeit als die API-lesbarkeit zu legen.
Trotzdem wird man absehbar wohl nicht alle Klassen mit einem Fluent Interfaces versehen. Dazu ist der Aufwand zu groß. Aber bei den Klassen, die sehr häufig benutzt werden, sind Fluent Interfaces sicher eine Überlegung Wert.
Nachtrag: Ein Beispiel für ein Fluent Interface findet sich z.B. in Hibernate, wenn man eine Criteria zusammenbaut.
Post bewerten